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Denkfehler 18: Standards und Richtlinien spiegeln den Stand der Technik wider

Standards und Richtlinien spiegeln den Stand der Technik wider

Dass Standards und Richtlinien den Stand der Technik wiedergeben sollen, ist allgemein bekannt. Doch sollte man dies so uneingeschränkt gelten lassen? In meinem Denkfehler Nr. 4 gehe ich mit einem kurzen Satz auf diese Problematik ein, doch die Probleme sind tiefgreifender. Eine umfassende Betrachtung dieser Problematik finden Sie hier: Stand der Technik


Die Reinraumtechnik macht dabei keine Ausnahme. Ein Beispiel findet man beim Thema der Abnahmeprozedur von OP-Decken, die nicht in der VDI 2083, sondern in der DIN 1946 beschrieben sind. Dort haben sich verschiedene Dienstleister so zerstritten, dass eine Norm erarbeitet wurde, die kaum noch praktikabel ist, geschweige denn, dass die Abnahmeprozedur von den Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten nicht mehr bezahlt werden kann. Dies hat zur Folge, dass Operationssäle bezüglich deren Abnahme als „unter Bestandsschutz“ stehend deklariert werden und damit veraltete Prozeduren zum Einsatz kommen. 

Doch wie kann es sein, dass sich diese Denkweise, dass sich Standards und Richtlinien als Stand der Technik durchgesetzt haben, so verbreitet hat. In obiger Quelle habe ich folgende Literaturstelle gefunden: „Wir neigen in unserer Meinung oft unbewusst zur Konformität mit einer Gruppe bzw. Mehrheit, da diese einen normativen Einfluss auf uns ausübt: Wir wollen von anderen gemocht, akzeptiert und angenommen werden und sind im Gegenzug bestrebt, deren Ablehnung zu vermeiden. Daher übernehmen wir deren Normen, wozu eben auch die Meinung der Mehrheit zählt (und diese umso eher, je attraktiver die Gruppe für uns ist). Obendrein kann von einer Mehrheit auch ein informativer Einfluss ausgehen – und zwar dann, wenn man die Mehrheit für kompetenter als sich selbst hält. Vor allem Menschen mit einem niedrigen Selbstvertrauen sind für deren Einfluss anfällig und übernehmen dann unkritisch die Mehrheitsmeinung.“ (Quelle: Stengel, O.: Vorsicht, Denkfehler, wie man sie erkennt und vermeidet, uni-edition, GmbH Berlin, 2005.) 

Nicht zu unterschätzen ist besonders bei der Erarbeitung von Normen und der technische, sondern auch der kommerzielle Aspekt, dem die Autoren dieser Normen und Richtlinien unterliegen. Es wird wohl kaum einer dieser Autoren Formulierungen zustimmen, die seinem eigenen Geschäftsinhalt widersprechen. 

Zusätzlich kommen gesetzliche Vorgaben zum Tragen, die dem Stand der Technik widersprechen könnten und deshalb auch bewusst kontraproduktiv umgesetzt werden müssen. Passiert dies in technischen Bereichen, entsteht daraus womöglich ein kommerzieller Schaden. Geschieht dies jedoch in Lifesciences- oder in medizinischen Bereichen, kann das schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. 

Versuchen Sie herauszufinden, wer an Normen und Richtlinien mitgewirkt hat und hinterfragen Sie diese. Und es sind nicht nur Unternehmen, die kommerzielle Interessen vertreten, auch einzelne institutionelle Einrichtungen bewegen sich immer mehr auf der kommerziellen Ebene und scheuen sich nicht, der Industrie mit ihrem Einfluss in der Normung Konkurrenz zu machen.   

Im Übrigen unterscheidet die Rechtsprechung zwischen dem Stand der Technik und angewandten Regeln der Technik. 

Eine Übersicht unserer stetig wachsenden Beiträge zur Rubrik "Denkfehler der Reinraumtechnik" finden Sie hier: Reinraum Denkfehler

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